Rechtschreiben lernen in unserer 1. Klasse

Auch wenn wir eine Lauttabelle, die Piri Schreibtabelle nutzen, halten wir nicht viel davon, die Kinder einfach Wörter ohne jede Hilfestellung verschriften zu lassen.
Wir bemühen uns, die Kinder Schritt für Schritt zum Verschriften zu befähigen. Zunächst verschriften wir Wörter gemeinsam in der Klasse, so können wir gemeinsam wichtige Entdeckungen machen und Regeln finden, die die Kinder nach und nach verinnerlichen. Diese "Entdeckungs- oder Forscherstundenteile" mögen die Kinder sehr. Sie entwickeln dabei ein großes Interesse, Regelhaftigkeiten der deutsche Sprache zu entdecken und können sich solche selbst gefundenen Regeln dann auch viel besser merken. Trotzdem ist das regelmäßige Training der Rechtschreibung ein jahrelanges Thema. "Das Schreibenlernen ist ein Prozess, der sich über viele (mindesten acht) Jahre erstreckt." [Günther Thomé "ABC und andere Irrtümer über Orthographie Rechtschreiben LRS/Legasthenie"]

Aber so vieles lernen die Kinder auch schon in der 1. Klasse, was von Laien häufig gar nicht wahrgenommen wird:

Wenn Kinder mit dem Schreiben beginnen, verdrehen oder spiegeln sie oft die Buchstaben, sie schreiben große und kleine Buchstaben durcheinander ... und hier schon zeigen sich später erste erworbene und angewandte Kenntnisse:
  • das Kind schreibt alle Buchstaben richtig
  • das Kind schreibt große Buchstaben nur noch am Wortanfang (zunehmend richtig auch nur noch bei Nomen/Substantiven oder Satzanfängen)
  • das Kind schreibt Wörter mit richtigen Wortgrenzen (anfangsstehennoch vieleWörterzu sammen)
  • das Kind schreibt in jeder Silbe einen "Königsbuchstaben" (Vokal, Um- oder Zwielaut)
  • das Kind schreibt in trochäischen Wörtern (zweisilbige Wörter mit der Betonung schwer-leicht ) in der 2. Silbe, der Reduktionssilbe, ein -e [die überwiegende Mehrzahl der deutschen Wörter sind zweisilbig oder können es als flektierte Wörter sein z.B. rot - rote, Hand - Hände]
Besonders die letzten zwei Schwerpunkt sind ein wichtiger und wesentlicher Inhalt des Rechtschreibunterrichtes in der 1. und 2. Klasse.
Wenn die Kinder beginnen, Wörter zu verschriften schreiben sie oft in der sogenannten Skelettschreibung. Dies zeigt, dass die Kinder beginnende Einsichten in den Buchstaben-Laut-Bezug gewonnen haben. Das ist eine große Leistung für Schulanfänger. Auf dieser Stufe bilden sie meist prägnante Laute eines Wortes, so z.B. die Anfangslaute, ab.

 

Hier setzen nun unsere regelmäßigen Übungen zu den Königsbuchstaben an. Viele Übungen sind notwendig, ehe die Kinder zuverlässig in jeder Silbe einen Vokal/ Um- oder Zwielaut schreiben. In der 1. betonten Silbe gelingt es ihnen schon bald. Besonders in offenen Silben, in denen der Vokal lang gesprochen und daher gut zu hören ist (z.B. in Tafel, Kreide, lesen...).
Für das Training nutzen wir die "Häuschenschreibung" [nach Christa Röber:].

               

Hierbei schreiben wir die betonte Silbe in Häuschen, die unbetonte in Garagen.

                  

Mit Hilfe vieler Arbeitsblätter, Karteien, Spielen und in regelmäßiger gemeinsamer Trainingszeit üben die Kinder das Verschriften von zweisilbigen Wörtern mit offener 1. Silbe.

Noch mehr Übungszeit benötigen viele Kinder, um auch den richtigen kurz gesprochenen Vokal in der 2., der Reduktionssilbe, zu notieren.
Fällt Ihnen auf, dass die Kinder, wenn überhaupt, stets ein A/a an die Endung geschrieben haben? Woran liegt das?
Sprechen Sie doch einmal die Wörter deutlich!
Nun haben Sie sicher gemerkt, dass wir im Deutschen tatsächlich für den -e Laut, der in unseren deutschen Endungen (-e, -er, -en, -el) auch Schwa-Laut genannt wird, tatsächlich ein kurzes a oder gar keinen Vokal sprechen: Ritta, laufn, lesn... Wir merken es nur gar nicht mehr, weil unser Wissen um die richtige Schreibung uns vorgaukelt, tatsächlich ein -e wahrzunehmen. Das ist aber ein Trugschluss.
 
 Deshalb führen wir zu diesem Schwerpunkt viele Übungen durch.
 

Beim Üben entdecken die Kinder nach und nach folgende Regeln:

 1.

Der Königsbuchstabe wohnt im 2. Zimmer des Hauses.

2.

Im 2. Zimmer der Garage wohnt immer ein e.

3.

Die Häuschensilben sind "blaue" Silben - Vollsilben.

4.

Die Garagen sind Reduktionssilben - "gelbe" Silben.

5.

Beginnt das Wort mit einem Vokal bleibt das 1. Zimmer im Haus frei. (Sonst würde ja der Königsbuchstabe nicht im 2. Zimmer wohnen.)

 

Die Kinder üben trochäische Wörter zunächst in 3 verschiedenen Arbeitsheften:

Im 1. Heft verschriften wir zunächst die Anfangssilbe der Wörter. Hier achten wir auf den Starter (den ersten Buchstaben). Den erkennen die Kinder in der Regel schnell. Anschließend achten wir auf den Vokal in der ersten, betonten Silbe - wir nennen ihn Königsbuchstaben. Nach einiger Übung und mit Hilfe der Piri-Tabelle, bei der die Königsbuchstaben über allen in der Anlauttabelle in ihren Kronen stehen, gelingt es den Kindern zunehmend sicherer, die Vokale in den Wörtern herauszuhören.

Im 2. Arbeitsheft üben wir das Verschriften der 2., der Reduktionssilbe.
Das Lesen dieser 2. unbetonten Silbe fällt den Kindern in der Regel oft sehr schwer. Sie haben ja gelernt wie ein "e" klingt. Lang und breit wie in den betonten ersten Silben vieler Wörter z. B. in Esel oder lesen. Nun wird das 2. "e" in den unbetonten zweiten Silben aber ganz anders ausgesprochen - kurz und mehr wie ein "ä". (Esel, lesen...) Dies zu begreifen fällt Leseanfängern sehr schwer. Dadurch scheitern viele Kinder beim Zusammenziehen der Laute am Lesebeginn. <Eseel> oder <leseen> erkennen sie nicht in ihrer Wortbedeutung.
Daher untersuchen wir diese 2. Silben genau und üben das Lesen der unbetonten Silben auch mit Hilfe unserer Silbenteppiche.
Im 2. Arbeitsheft "Wir verschriften Wörter" geht es um die 2. Silben trochäischer - typisch deutscher - Wörter.

Wenn die Kinder sowohl Anfangs- als auch Endsilben verschriften geübt haben, verschriften wir, ganze zweisilbige trochäische Wörter. Nach dem Arbeitsheft üben die Kinder das Schreiben auch in verpackter Form in Spielen: z. B. mit dem Nilpferdspiel.

                       

Hier sieht man Kinder beim Spiel:

 

Das 4. Arbeitsheft am Ende des 1. Schuljahres

Bis zum Schuljahresende der 1. Klasse trainieren wir auch noch das
Verschriften von Wörtern mit geschlossener erster Vollsilbe.
Hier ist in der ersten, betonten Silbe nur ein kurzer Vokal oder Umlaut zu hören. Dieser wird immer von einem Mitlaut, der noch zur ersten Silbe gehört, gestoppt. Diesen "Stopper" erkennen die Kinder in der Regel leicht, wenn sie die zu verschriftenden Wörter deutlich in Silben sprechen.
Schwierig ist es für die Kinder hier den kurzen Vokal oder Umlaut zu erkennen. Ein kurzes e (wie in Ente) unterscheidet sich nur schwer von einem kurzen i (wie in Insel) - oder ein kurzes i (Insel) von einem kurzem ü (wie in Hütte)... Hier benötigen die meisten Kinder noch viel Unterstützung und intensive Übung.
Dies trainieren wir in unserem 4. Heft:


  

So endet das Rechtschreibtraining in der 1. Klasse und startet es gleichzeitig auch - nach 6 Wochen Ferien - dann wieder im 2. Schuljahr.